Stadtrechte
Verleihung am 12.September 1965
In der ersten Sitzung des Finanzausschusses des Jahres, am 20. Januar 1965, brachte Bürgermeister Georg Bohl erstmals das Thema der 800-Jahr-Feier auf den Tisch. Der Bürgermeister hatte lange damit gezögert, denn vielleicht wäre in der Zwischenzeit ja ein noch älteres Zeugnis der Existenz Griesheims aufgetaucht. Die Heimatforscher Georg Hopp und Karl Knapp fanden aber keine ältere Erwähnung unseres Griesheims – und so ist es bis heute.
Bürgermeister Bohl hatte aber auch gleich ausführliche Vorschläge für ein Festprogramm, die er den Ausschussmitgliedern mitteilte: Festsitzung der Gemeindevertretung; Tag der Jugend mit Einweihung des Sportplatzes „Am Dürren Kopf“; Tag des Sports im Rahmen des Gauturnfestes; Erinnerungswoche der Schulen; Freundschaftstage anlässlich des Hessentages und des Heinerfestes; Tag der Erinnerung für die älteren Einwohner; die Kirchweihe als Volksfest und als Abschluss eine Jubiläumsfeier mit eventueller Verleihung der Stadtrechte oder der Freiherr-vom-Stein-Plakette.
In einer weiteren Sitzung der Gemeindevertretung am 3. Februar 1965 kam neben den Jubiläumsfeierlichkeiten zur 800-Jahr-Feier auch der Antrag zur Verleihung der Stadtrechte wieder zur Sprache. Zwei Gemeindevertreter waren der Auffassung, dass Griesheim durchaus noch keinen städtischen Charakter habe, dass auch der Wille der Einwohnerschaft und das Interesse des Gewerbes an einer Stadterhebung noch nicht bewiesen seien. Gegen diese zwei Stimmen beschlossen die Vertreter aber, die Stadterhebung und auch die Freiherr-vom-Stein-Plakette zu beantragen.
Am 27. März folgte ein Artikel im „Griesheimer Anzeiger“, der vorhandene Bedenken in der Bevölkerung zerstreuen sollte. Im Tenor versicherte der Verfasser, dass es sich bei der Stadterhebung um einen „Titel ohne Mittel“ handele. Befürchtungen gingen vor allem in Richtung einer möglichen finanziellen Mehrbelastung des Ortes, aber sowohl die Arbeitsstellen in der Gemeindeverwaltung wie auch das Gehalt des Bürgermeisters seien nicht von dem Titel der Stadt, sondern allein von der Einwohnerzahl des Ortes abhängig. Diese lag 1965 bei 15000. Auch höhere Steuern oder Gebühren seien nicht zu befürchten, wurde im „Griesemer“ versichert.
Nachdem die Jubiläumsfeierlichkeiten, wie eingangs von Bürgermeister Georg Bohl vorgeschlagen, stattgefunden hatten, folgte als Höhepunkt und Schluss am 12. September 1965 die Verleihung der Stadtrechte und der Freiherr-vom-Stein-Plakette. Die akademische Feier fand im geschmückten Festsaal „Zum grünen Laub“ im Beisein der politischen Prominenz und der Vertreter der wichtigen Vereine und Körperschaften statt. Studienrat Heinz Hering hielt die Festansprache zur kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklung Griesheims. Innenminister Heinrich Schneider überreichte die Urkunde zur Verleihung der Stadtrechte an Bürgermeister Bohl und betonte dabei die Leistungen der Gemeinde beim Wiederaufbau des zerstörten Ortes nach dem zweiten Weltkrieg und die Eingliederung von fast 4000 Heimatvertriebenen und Flüchtlingen. Es folgte der Dank des Bürgermeisters Bohl mit der Versicherung, die Griesheimer wollten sich der Ehrungen würdig erweisen und die schon begonnenen Infrastrukturmaßnahmen (Straßenbau, Kanalisation, Schulbau und Sportstätten) weiterführen, so dass das Gemeinwesen mit der Zeit einen „städtischen Charakter“ erhalte. Die Vertreter der Institutionen und der Nachbargemeinden gratulierten und überreichten Geschenke. Die Veranstaltung wurde musikalisch umrahmt. Auch der hessische Rundfunk berichtete über dieses besondere Ereignis. Am darauffolgenden Montagabend wurde in der Regionalsendung eine Aufzeichnung des Festaktes übertragen.