Lutherkirche
Pfarrgasse 7-9
Bis zur Einrichtung einer zweiten Pfarrei in Griesheim am 1. November 1964 wurde die heutige Lutherkirche nur „die Kirche“, im 20. Jahrhundert auch gelegentlich „die Evangelische Kirche“ genannt. Am 1. Dezember 1964 wurde eine zweite Pfarrstelle eingerichtet, am 1. Januar 1965 wurden beide Pfarreien als „Luthergemeinde“ und „Melanchthongemeinde“ voneinander unabhängig.
Griesheim wurde erstmals in einer Urkunde des Kaisers Friedrich I. (Barbarossa) vom 14. Juni 1165 erwähnt als „die Kirche und das Dorf Grizheim“. Wie diese Kirche ausgesehen hat oder wie alt sie damals war, welchen Grundriss sie hatte und wie groß sie war, ist heute nicht mehr zu sagen. Da Gotteshäuser aber in der Regel stets am gleichen Ort erneuert, umgebaut oder erweitert wurden, ist davon auszugehen, dass die heutige Kirche, vielleicht auch nur teilweise, über den alten Fundamenten errichtet wurde. Im Museum wird ein Teilstück eines Sandsteins aufbewahrt, das an der Lutherkirche gefunden wurde und möglicherweise zur alten Kirche gehörte. Dieses Teilstück wird in das 12. Jahrhundert zurückdatiert. Über bauliche Veränderungen im 13., 14. und 15. Jahrhundert gibt es keine Hinweise.
Heute liegen zu beiden Seiten des Eingangs an der Südwand der Kirche zwei Schlusssteine dekorativ in der Wand. Ein Schlussstein bildet den Abschluss an der Kreuzung zweier Gewölberippen. Der linke Stein zeigt das Wappen einer Familie Dreyeich, die im Gerauer Raum nachgewiesen wurde. Der rechte Stein zeigt das Wappen des letzten katholischen Pfarrers von Griesheim vor der Einführung der Reformation 1530, Konrad Knop (Knapp), und bezog sich in seiner Umschrift auf den Neubau der Kirche 1507. Deshalb ist es sehr wahrscheinlich, dass diese Kirche im gotischen Stil mit einem zeitgemäßen Kreuzrippengewölbe überspannt worden war. Auch die heute noch erhaltenen spitzbogigen Fenster dürften auf diesen Bau zurückgehen.
Etwa 100 Jahre später wurde die Kirche als baufällig eingestuft. Durch die Verheerungen des Dreißigjährigen Krieges kam es aber erst 1681 zu einem Teilabriss und Neubau. Dabei wurden die alten Fenster in den Neubau integriert. In der Verwendung alter Bauteile sieht die heutige Forschung die Sichtbarmachung der Kontinuität der Einrichtung, hier also der Kirche: Auch wenn das Haus neu ist, so erhält es alte Werte. Wie Karl Knapp darlegte1, fand der Neubau unter höchst prekären finanziellen Umständen statt. Die Kanzel wurde damals an die Kirche von Weiterstadt verkauft, wo sie bis heute genutzt wird. Nach Plänen des Darmstädter Baumeisters Johann Wilhelm Pfannmüller wurde das marode Kirchenschiff abgerissen und verbreitert neu errichtet. Turm und Chor blieben noch erhalten. Über dem heutigen Eingang prangt eine Bauinschrift aus dieser Zeit.
1749 kam es zum Neubau des Chores nach Plänen des Pfarrers Johann Konrad Lichtenberg. Der Chor wurde in seiner Breite an das Kirchenschiff angepasst, das Schiff selbst nach Osten verlängert. Die Längsempore an der Nordwand und die Orgelempore wurden vergrößert. Die neuen Fenster waren nun, im Stil der Zeit, rundbogig. Orgel und Orgelempore lagen im Chor der Kirche.
Eine umfangreichere Renovierung, auch der Orgel, fand 1835 statt. Große Veränderungen brachte ein Umbau 1928. Die Kirche wurde nicht nur renoviert, sondern auch innen neu eingeteilt: Die Empore an der Nordwand wurde entfernt und die Kanzel optisch mit Orgel und Altar verbunden. Diese Situation wurde erst 1956 durch die Beseitigung der Einbauten im Chor stark verändert und der Kirchenraum erhielt seine heute noch gültige Prägung.
1982 fand eine Renovierung im Innenraum statt, 1983 an der Fassade.
Der Bau des Kindergartens 1969 stellt den größten Eingriff in den Außenbereich des Grundstücks dar, denn dafür mussten die letzten Spuren des alten Griesheimer Friedhofs weichen.
Nachdem das alte Pfarrhaus baufällig geworden war, errichtete die Gemeinde in den Jahren 1629 bis 1634 das heute noch genutzte Pfarrhaus an selber Stelle. Es besteht aus einem steinernen Erdgeschoss und einem Fachwerkoberbau, eine zeitgemäße Bauweise für Wohngebäude.
1969 bis 1971 wurde der Kindergarten auf dem Areal des Alten Friedhofes errichtet. Danach wurde das neue Gemeindezentrum an Stelle des alten Kindergartens an der Ecke Hintergasse und Pfützenstraße geplant. Das Gemeindezentrum konnte im November 1978 eingeweiht werden.
1 Knapp, Karl: Griesheim, von der steinzeitlichen Siedlung zur lebendigen Stadt. Griesheim, 1991, S. 103ff