Daniel Dell
Bildhauer
* 01.11.1868 Griesheim
† 23.01.1941 Griesheim
Nach seiner Ausbildung zum Steinmetz eröffnete Daniel Dell 1895 seine eigene Werkstatt in Griesheim. Mit der Gründung der Künstlerkolonie in Darmstadt 1899 eröffnete sich ihm eine berufliche Sparte, die weit über die Anforderungen für das Bauwesen und die Grabmalherstellung eines Dorfes hinausgingen: Er arbeitete als Steinmetz für die Künstler und setzte mit ihnen ihre Werke um. So kam es dazu, dass er 1904 seine Berufsbezeichnung in „Bildhauer“ änderte. Seine Mitarbeit am Liebig-Denkmal in Darmstadt ist belegt (1913).
Auch in Griesheim fand sein Wirken Anklang. Daniel Dell prägte mit seinen Grabdenkmälern das Bild des 1902 neu angelegten Griesheimer Friedhofs. Durch seine Signatur weisen sich heute noch 35 Grabmale eindeutig als eigenhändige Werke aus. Sie sind für zwischen 1910 und 1930 Verstorbene entstanden. Für weitere Grabdenkmäler ist seine Autorenschaft denkbar; zumindest entstanden sie unter dem Einfluss seiner Arbeiten.
Die Grabmale bestehen aus einem mehr oder weniger aufwändigem Architekturrahmen und einem oft figürlichen Akzent im Mittelfeld oder am Rahmen. Die bevorzugten Materialien waren Muschelkalk und Sandstein. Damit folgte er der Forderung zeitgenössischer Kritiker nach einem helleren Gesamtbild auf den Friedhöfen, weg vom glatt polierten schwarzen schwedischen Granit.
Die Anmutung seiner Anlagen ist eher freundlich, hoffnungsfroh: Putten und Girlanden, Engel, Palmwedel und Kranz stimmen melancholisch, ohne den Betrachter zu erdrücken. Die Ausführung der gegenständlichen Motive und besonders die Schrifttypen weisen in die Nähe zum Jugendstil.
Inspirationen fand Dell wahrscheinlich in damals verbreiteten Vorlagenblättern. Eine direkte Übernahme ist jedoch nicht nachweisbar. Vielmehr besticht Daniel Dell durch die formale Vielfalt der gezeigten Lösungen für doch immer das gleiche Thema. Die Verwendung identischer Komponenten an verschiedenen Grabanlagen weist auf den Einsatz vorgefertigter Elemente hin.
Er selbst fand auf dem Griesheimer Friedhof im Grab, das er nach dem Tod seiner Schwiegermutter 1927 gekauft hatte, seine letzte Ruhestätte. Im linken Teil des Grabmals trägt ein Sockel die Namen der Verstorbenen. Da das Grab inzwischen neu vergeben wurde, findet man seinen Namen heute hier nicht mehr.
Vor einer leicht nach hinten versetzten Wand aus hellem Muschelkalk steht ein junger Mann in Kittel und Umhang. Er steht auf seinem linken Bein, sein rechtes ruht auf dem Rücken einer Sphinx. In der griechischen Mythologie hatte Ödipus einst das Rätsel der Sphinx, was am Morgen auf vier, am Mittag auf zwei und am Abend auf drei Beinen liefe und am schwächsten sei, wenn es auf den meisten läuft, gelöst: der Mensch im Laufe seines Lebens. Durch die richtige Beantwortung der Frage hatte Ödipus die Stadt Theben vom Terror der Sphinx befreit und sie stürzte sich in den Tod. Der Jüngling auf dem Grabstein lüftet mit seiner rechten Hand den Saum eines Tuches und der Betrachter erkennt das sich abwendende Profil der Sphinx: Sie kann ihm nichts mehr anhaben, der Tod ist überwunden. Mit seiner linken Hand stützt er sich auf einen Anker, der fest auf dem Boden steht. Am Schaft des Ankers befindet sich ein kleiner Querbalken, wodurch ein Kreuz entsteht. Um den Schaft windet sich eine Blumengirlande. Der Anker gilt als christliches Symbol für Hoffnung und Auferstehung (1. Korintherbrief 13,13). Unter dem Bild verrät die Inschrift: „Schleier gelüftet – Rätsel zerstört, Hoffnung am Grabe der Glaube uns lehrt“. Hier wurden Elemente aus der archaischen Mythologie und der christlichen Symbolik verbunden und deuten auf eine tiefe Religiosität hin.
Literatur
Nachruf im NGA 28.1.1941; Artikel von Karl Knapp im GA vom 27.7.1985, 31.7.1985, 3.8.1985 und 9.9.2000. NGA vom 5.11.1913. Obst- und Gemüseausstellung (Gewerbeschau)3.-5. 11 1929 in der Friedrich-Ebert-Schule. Darmstädter Tagblatt 11.8.1929 S. 6 (online unter tudigit.ulb.tu-darmstadt.de/show/Za-150-1929-3/0620/image)